Graduiertenkolleg 1194 "Selbstorganisierende Sensor-Aktor-Netzwerke"

I1.1: Dezentrale Rekonstruktion verteilter kontinuierlicher Phänomene aus orts- und zeitdiskreten Messungen

sensor network

Motivation

 

Eine typische Anwendung von Sensor-Aktor-Netzwerken ist es, beispielsweise in der Meterologie oder der Analyse von Umweltverschmutzungen, allgegenwärtig Daten aus der Umwelt aufzunehmen, zu verarbeiten und entsprechende Aktionen durchzuführen. Die Daten werden zeitdiskret mit komplementären, d.h. sich ergänzenden, Sensoren an ungleichmäßig verteilten Messpunkten aufgenommen und sind möglicherweise stark verrauscht. Das Ziel ist entweder die Rekonstruktion des gesamten Phänomens, also auch an den Orten, an denen keine Messwerte aufgenommen wurden oder die Rekonstruktion von nicht direkt messbaren Größen. Dazu gehört beispielsweise die Schätzung der Position einer Schadstoffquelle aus den Daten von verteilten Sensoren zur Messung der lokalen Schadstoffkonzentration. Drahtlosen Sensor-Aktor-Netzwerken kommt hierbei eine ‚Janus’-Rolle zu: Sie sollen in ihrer Funktion selbstverständlich dazu dienen, verteilte Messungen durchzuführen. Allerdings müssen die Netze auch selbst beobachtet werden, was speziell im Entwicklungsstadium von besonderem Interesse ist. Hierbei ist insbesonders die Überwachung des Funkkanals von Bedeutung. 

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Stand der Forschung

 

Für die Rekonstruktion verteilter Phänomene werden typischerweise numerische Verfahren basierend auf einer Diskretisierung des Zustandsraums wie beispielsweise Finite-Elemente-Methoden oder Monte-Carlo-Methoden verwendet. Diese Methoden sind aber für den Einsatz in Sensor-Aktor-Netzwerken zu komplex. Außerdem sind diese Verfahren nicht auf die integrierte Behandlung von Unsicherheiten ausgelegt und sind nicht ohne weiteres dezentral implementierbar.

In der Literatur zu Sensor-Aktor-Netzwerken wird „Data Fusion“ im Rahmen der dezentralen Untersuchung verteilter Phänomene als „Collaborative Signal and Information Processing” (CSIP) bezeichnet. Dieses Forschungsgebiet ist recht neu und es werden hauptsächlich Beispiele aus dem Bereich „Target Tracking“ und Quellenlokalisierung betrachtet.

 

Ziele

 

Das Ziel dieses Teilprojekts ist es, auf der Basis der bereits in den Vorarbeiten entwickelten Verfahren, eine systematische Methodik zur Rekonstruktion verteilter Phänomene zu entwickeln, welche die Randbedingungen von Sensor-Aktor-Netzwerken erfüllt. Dazu gehört eine dezentrale Informationsverarbeitung und eine autonome Anpassung an das zu untersuchende Phänomen.

Die Entwicklung soll dabei in mehreren Schritten ablaufen. Im ersten Schritt soll durch die Verwendung der dezentralen Filterverfahren für die Rekonstruktion gewährleistet werden, dass die Informationsverarbeitung innerhalb des Netzwerks auf den Sensor-Aktor-Knoten erfolgen kann und nicht in einer zentralen Verarbeitungseinheit. Damit wird unnötiger Informationsaustausch durch das Netzwerk vermieden, der Kommunikationsaufwand begrenzt und der Energieverbrauch reduziert. Die Datenvalidierung, d.h. die Entfernung von Messausreißern, muss dann auch dezentral erfolgen.

Typischerweise ist der Zusammenhang zwischen den gesuchten Größen und den Messungen stark nichtlinear. Um auch diesen Fall effizient behandeln zu können, soll im Rahmen der neuen Methodik ein neues nichtlineares Schätzverfahren erprobt werden, welches bereits am Lehrstuhl ISAS entwickelt wurde.

In den meisten Fällen kann man nicht davon ausgehen, dass ein geeignetes Modell des zu untersuchenden Phänomens verfügbar ist. Eine Vision für die in diesem Teilprojekt zu entwickelnde Methodik wäre also, dass nach dem Ausbringen der Knoten in das Zielgebiet eine dezentrale Identifikation eines geeigneten Modells völlig autonom, d.h. ohne Eingriffe von außen, durch das Sensor-Aktor-Netzwerk vorgenommen wird. Um dieses Ziel zu verwirklichen, ist eine intensive Zusammenarbeit mit anderen Teilprojekten, speziell mit K2 und I2 erforderlich.

Im letzten Schritt soll die Methodik dann auf Phänomene erweitert werden, die durch nichtlineare partielle Differentialgleichungen beschrieben werden.