Graduiertenkolleg 1194 "Selbstorganisierende Sensor-Aktor-Netzwerke"

I2.1: Dezentrale Aufgabenbearbeitung mittels Kooperation und Interaktion

In der Automation geht der Trend weg von hierarchisch starr automatisierten Systemen hin zu intelligenten, verteilten und flexiblen Architekturen. Hierfür müssen Sensor-Aktor-Netzwerke kooperative Aufgaben unter Randbedingungen erledigen können, die im Voraus nicht ausreichend bekannt sind und die sich während der Ausführung dynamisch verändern können. Mit der angestrebten Kooperationsfähigkeit steigen die Systemkomplexität und die Anforderungen hinsichtlich Performanz, Robustheit und Skalierbarkeit. Sehr wichtig sind in diesem Zusammenhang leistungsfähige Sensor-Aktor-Netzwerke bei denen einzelne Knoten dezentral miteinander kooperieren und in Echtzeit kommunizieren können. Hierzu werden Technologien und Methoden benötigt, mit deren Hilfe sich Sensor-Aktor-Netzwerke automatisch konfigurieren, selbst organisieren und mit denen die Knoten dezentral zur Erreichung eines vorgegebenen Zieles kooperieren können.

Stand der Forschung

Im Rahmen einer Reihe von Forschungsarbeiten wurden Strategien entwickelt, damit autonome Sensor-Aktor-Knoten, komplexe Aufgaben durch Kooperation und Interaktion ausführen können. Diese koordinierte Aufgabenbearbeitung kann mittels dreier Ansätze erreicht werden:

  1. Die Knoten des Sensor-Aktor-Netzwerks werden zentral durch ein Steuerungssystem gelenkt (zentraler Ansatz).
  2. Die Knoten des Sensor-Aktor-Netzwerks kooperieren über ein festgelegtes Protokoll (verteilter Ansatz, z.B. Contract Net).
  3. Die Knoten des Sensor-Aktor-Netzwerks arbeiten gemäß der ihnen übertragenen Verhaltensmuster zusammen, wobei das Ziel durch eine geeignete Auswahl von Verhaltensprimitiven erreicht wird (dezentraler Ansatz). Kooperation erfolgt über Sensorik oder über die Umgebung.

Alle drei Ansätze beinhalten verschiedene Vor- und Nachteile. Im Rahmen dieses Vorhabens werden wegen der gewünschten Flexibilität die verteilten und dezentralen Methodiken aufgegriffen, die derzeit von verschiedenen Forschergruppen isoliert verfolgt werden. Ziel ist es, basierend auf vorgegebenen Aufgaben zum einen die Vor- und Nachteile der Ansätze zu verstehen und zum anderen Synergieeffekte zwischen diesen auszunutzen.

Ziele

In diesem Teilprojekt sollen Methoden für die Selbstkonfiguration, Selbstorganisation und Kooperation für Sensor-Aktor-Netzwerke erforscht und entwickelt werden. Schwarmtechniken und Schwarmmodelle werden als Grundlage für die Selbstorganisation und Kooperation in Sensor-Aktor-Netzwerken herangezogen. Da Schwärme ohne zentrale Kontrollinstanz arbeiten, liegt das Hauptaugenmerk der geplanten Forschungsarbeiten auf der Untersuchung dezentralisierter und verteilter Ansätze. Unter anderem sollen folgende Fragestellungen behandelt werden:

  • Es wird untersucht, wie einzelne Knoten anhand ihrer Fähigkeiten und anhand des jeweiligen Kontextes Teilaufgaben übernehmen und autonom durchführen können. Die Zuordnung von Aufgaben zu bestimmten Knoten wird aus der globalen Aufgabenstellung abgeleitet und für einen Zeitraum fest definiert oder durch einen Verhandlungsprozess festgelegt bzw. bei sich ändernden Randbedingungen und Zielvorgaben dynamisch neu festgelegt.
  • Durch kollektives Verhalten mit variablen Rollenverteilungen der Sensor-Aktor-Knoten sollen Emergenzphänomene nachgebildet werden. Dabei wird auch untersucht, unter welchen Bedingungen die autonome Interaktion von Knoten zu einer Effizienzsteigerung bzw. Leistungsverschlechterung des Gesamtsystems führt.
  • Der Ausfall eines einzelnen Sensor-Aktor-Knotens darf idealerweise keine Auswirkung auf das Gesamtsystem haben, d.h. ein “Single Point of Failure“ existiert nicht. Für die autonome Behandlung von Fehlersituationen werden robuste und echtzeitfähige Methoden entwickelt.
  • Es werden direkte und indirekte Kommunikations- und Interaktionsansätze für komplexes Gruppenverhalten untersucht, d.h. wie können Knoten über Sensorik oder über Netzwerke lokal mit ihren Nachbarn kommunizieren und interagieren bzw. wie können diese über die gemeinsame Umgebung kommunizieren und interagieren.
  • Untersuchungen zur Skalierbarkeit sollen aufzeigen, inwieweit Kooperations- und Selbstorganisationsmechanismen sowohl für kleine Sensor-Aktor-Netzwerke mit bis zu 1000 Knoten als auch für sehr große Netzwerke mit bis zu 1 Million Knoten skalieren.
  • Es werden Methoden entwickelt, die mögliche Deadlocks bzw. eine Stagnation der Kooperation verhindern bzw. autonom reparieren.
  • Es wird untersucht, wie Sensor-Aktor-Netzwerke durch Erfahrung und Interaktion sukzessive lernen und auf neue Aufgaben adaptiv reagieren können, beispielsweise durch positive und negative Rückkopplungen aus der Umwelt.
  • In Zusammenarbeit mit anderen Teilprojekten werden geeignete Architekturen und Software-Referenzmodelle für die Steuerung von Sensor-Aktor-Netzwerken untersucht und entwickelt.

Die Praktikabilität der gewonnenen theoretischen Grundlagen soll anhand selbst- organisierender Roboterschwärme evaluiert werden. Die entwickelten Kooperationsstrategien sollen sowohl anhand von Aufgabenstellungen und Anwendungen in der Makrowelt (Produktionsroboter) als auch in der Mikrowelt (Mikro / Nano-Roboter) bewertet werden.
Durch den gemeinsamen Aspekt der Informationsverarbeitung ergibt sich zwischen den Teilprojekten I1, I2 und I3 eine starke Vernetzung, insbesondere hinsichtlich der Kooperation von Sensor-Aktor-Knoten. Auch mit den Teilprojekten H3 und K3 besteht eine enge Zusammenarbeit.